Das Magazin für Medizinische Fachangestellte

Der neue Medikationsplan

Ein guter Start in die Praxis

Seit dem 1. Oktober 2016 haben Patienten im Zuge des E-Health-Gesetzes Anspruch auf Erstellung eines sogenannten bundeseinheitlichen Medikationsplans. Nach den ersten Monaten in der Praxis steht fest: Vieles läuft gut, doch im Detail gibt es noch Luft für Verbesserungen.
© Robert Kneschke - stock.adobe.com
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Die Vorteile des Medikationsplans liegen auf der Hand:

  • Patienten sind besser vor Einnahmefehlern geschützt. Je mehr Medikamente ein Patient einnehmen muss, desto größer ist die Gefahr von Einnahmefehlern. Davor kann der Blick auf den Medikationsplan schützen.
  • Ärzte wissen schnell Bescheid. Alle behandelnden Ärzte sehen anhand des Medikationsplans auf einen Blick, welche Medikamente ein Patient einnimmt und können künftige Verordnungen oder Umstellungen sicher auf die Gesamtmedikation abstimmen.
  • Der Apotheker kann mithilfe des Medikationsplans mögliche Probleme einer Medikation erkennen und im Zweifelsfall Rücksprache mit der verordnenden Praxis halten.

Der Anspruch auf einen Medikationsplan gilt für Patienten, die mindestens drei verordnete Arzneimittel gleichzeitig anwenden. In der Regel wird der Medikationsplan vom Hausarzt erstellt. Nimmt ein Versicherter keinen Hausarzt in Anspruch, kann diese Aufgabe auch ein Facharzt übernehmen. Sobald es eine Änderung bei der Medikation gibt, muss der Medikationsplan aktualisiert werden. Solche Aktualisierungen können neben dem Hausarzt auch Fachärzte oder weitere Einrichtungen der Versorgung wie Krankenhäuser sowie Apotheken vornehmen. Apotheken können auch Arzneimittel auf den Medikationsplan setzen, die ein Patient für die Selbstmedikation erwirbt. Patienten, Angehörige, Pflegekräfte, Ärzte und Apotheker können die Vorteile eines Medikationsplans auf Papier zunächst bis 2018 nutzen; dann soll er auch elektronisch von der Gesundheitskarte abrufbar sein (siehe Kasten).

Regionale Unterschiede

Nach einer Untersuchung des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) benötigen im Norden und Osten der Republik sowie im Saarland die meisten Patienten einen Medikationsplan (siehe Abb.). Diese Verteilung weist große Parallelen zum Anteil älterer Personen unter den Versicherten auf und ist damit zu erklären, dass ältere Menschen häufig auf Multimedikation angewiesen sind. Auch innerhalb der Regionen zeigen sich Unterschiede: Im vergleichsweise überalterten Landkreis Coburg – mit einem Durchschnittsalter seiner Einwohner von 45,5 Jahren – haben 30 Prozent der GKV-Versicherten einen Anspruch auf einen Medikationsplan. In dem vergleichsweise jungen München (Durchschnittsalter: 41,8 Jahre) dahingegen nur 23 Prozent.

Was kann der Medikationsplan?

Im Rahmen der erforderlichen Zertifizierung waren die Hersteller von Praxisverwaltungssoftware verpflichtet, eine Übernahme der im PVS gespeicherten Daten zur Medikation eines Patienten in den Medikationsplan zu ermöglichen. Dadurch kann ein Medikationsplan auch unabhängig von der Ausstellung eines Rezeptes erzeugt und ausgedruckt werden. Da der Medikationsplan nicht alle Spezialszenarien bedienen kann, ist es möglich, vorhandene Spezialpläne in der Praxisverwaltungssoftware weiterhin zu nutzen. Im Medikationsplan kann dann ein Verweis auf den gesonderten Plan hinterlegt werden.

Der auf dem Medikationsplan aufgedruckte Barcode ermöglicht es, die im Plan enthaltenen Informationen einfach einzulesen. Um diese Möglichkeit nutzen zu können, muss der Plan in einer bestimmten Qualität ausgedruckt werden. Dafür reichen die weit verbreiteten Laserdrucker mit einer Auflösung von 300 dpi. Wenn Sie in Ihrer Praxis die Medikationspläne Ihrer Patienten automatisch einlesen möchten, brauchen Sie einen geeigneten Barcodescanner, da sonst die Medikation abgetippt werden muss.

Der Medikationsplan enthält keine gesonderte Spalte für den verordnenden Arzt. Das braucht er auch nicht, denn der Patient weiß in der Regel, welcher Arzt die Medikamente verordnet hat. Sollte es dennoch gewünscht sein, kann der verordnende Arzt in der Spalte Hinweise oder als Zwischenüberschrift gekennzeichnet werden.

Medikationsplan und Gesundheitskarte ab 2018

Mit dem E-Health-Gesetz hat der Gesetzgeber den Einstieg in die elektronische Patientenakte gefördert. Bis Ende 2018 müssen die Voraussetzungen dafür geschaffen werden, dass Daten der Patienten aus bereits vorhandenen Anwendungen und Dokumentationen in einer solchen elektronischen Patientenakte für den Patienten bereitgestellt werden können. Das gilt auch für den Medikationsplan, der spätestens ab dem 1. Januar 2018 auf der elektronischen Gesundheitskarte (eGK) gespeichert werden soll. Die gematik muss hierfür bis zum 31. Dezember 2017 die entsprechenden Voraussetzungen geschaffen haben. Ab dem 1. Januar 2019 müssen dann alle Vertragsärzte und Apotheken in der Lage sein, einen mittels der eGK gespeicherten Medikationsplan zu aktualisieren. Dann braucht man theoretisch kein Papier mehr, obwohl der Ausdruck für viele Patienten auch zukünftig das entscheidende Informationsmedium sein dürfte. Patienten sollen ab 2018 die Möglichkeit erhalten, dass ihre auf der Gesundheitskarte gespeicherten Daten in ein elektronisches Patientenfach aufgenommen werden. In diesem können online auch eigene Daten wie zum Beispiel ein Tagebuch über Blutzuckermessungen abgelegt werden. Patienten können auf diese Weise ihre Daten künftig auch außerhalb der Arztpraxis eigenständig einsehen. Damit sind die Patienten über Diagnose und Therapie viel genauer und umfassender informiert und können besser als bisher über ihre Gesundheit mitentscheiden. Dies ist die beste Voraussetzung für eine erfolgreiche Therapie.

Nach Informationen des BGM

Erste Erfahrungen sind gut

Karte: regionale Verteilung der Patienten mit Anspruch auf einen Medikationsplan

Die Erwartungen an die Einführung des Medikationsplans waren bei den MFA in den Hausarztpraxen nicht hoch. Umso erfreulicher, dass viele Kolleginnen die Kompromisslösung Papier gut beurteilen. Ich war überrascht, dass diese Umsetzung – im Gegensatz zu der neuen Heilmittelverordnung – ohne Probleme in der Praxis funktioniert und man die alten Verordnungspläne übernehmen und in die neue Maske kopieren kann.

Wir hatten schon große Bedenken, dass wir alles neu schreiben müssen, sagt Beate Rauch-Windmüller, MFA in einer Hausarztpraxis in Emmendingen. Und das Scannen ist eine ganz tolle Sache. Wenn der Patient mit einem neuen Medikationsplan kommt und wir mit einem Biep den Plan im PC gespeichert haben, erspart das eine Menge Arbeit. In den letzten Jahren mussten wir Pläne abtippen, um sie anpassen zu können. Von anderen Kolleginnen ist aber auch zu hören, dass noch längst nicht alle Praxen sich die Mühe gemacht haben, die Verordnungspläne umzustellen. Dann kommen Patienten oft mit alten Medikationsplänen ohne den maschinenlesbaren Code.

Für die Erstellung und Aktualisierung des Plans erhalten Hausärzte sowie Kinder- und Jugendärzte ab Oktober eine Einzelleistungsvergütung für Patienten, die nicht chronisch krank sind (neue GOP 01630). Für alle anderen gibt es einheitlich einen Zuschlag auf die Chronikerpauschale, unabhängig davon, ob für den Patienten ein Medikationsplan zu erstellen ist oder nicht.

Trotz einiger Erleichterungen beim Einlesen macht der neue Medikationsplan erstmal Arbeit, zumal wir ja auch die ganzen freiverkäuflichen oder von Fachärzten verschriebenen Medikamente mit aufnehmen sollen, sagt eine MFA aus Heidelberg. Doch im neuen Medikationsplan stecken auch große Chancen in Bezug auf Qualitätssicherung, Patientenbindung und Imagebildung, die Ärzte und Praxisteams auf jeden Fall nutzen sollten. So hat die Befragung einer Stichprobe von 116 Patienten durch das Düsseldorfer Institut für betriebswirtschaftliche Analysen, Beratung und Strategie-Entwicklung (IFABS) unter anderem ergeben, dass 70 Prozent der Patienten den Nutzen des Medikationsplans als sehr hoch oder hoch einschätzen.