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Terminvergabe in der Hausarztpraxis

Timing ist alles

Die richtige Strategie bei der Terminvergabe hat doppelten Nutzen: Die Patienten freuen sich über kurze Wartezeiten und Sie freuen sich über einen pünktlichen Feierabend. Wir geben Tipps und werfen einen Blick auf die Erfahrungen mit Terminservicestellen.
© Fotomanufaktur JL - stock.adobe.com
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Jede Arztpraxis ist anders, auch jede Hausarztpraxis. Es gibt daher keine Zauberformel bei der Terminplanung, die immer und für jede Praxis passt. Eine aktuelle Bestandsaufnahme ist immer ein guter Start. Dazu sind vor allem Sie als Praxisteam gefragt: Nehmen Sie eine Stoppuhr zur Hand und messen Sie:

  • Wie lange braucht der Arzt für den Gesundheitscheck?
  • Wie lange braucht er für DMP?
  • Bei mehreren Ärzten: Nimmt sich der eine Arzt mehr Zeit pro Patient als ein anderer?
  • Wie lange braucht eine 80-jährige Patientin, wie lange ein 30-Jähriger, um sich im EKG-Raum an- und auszukleiden?

Dabei geht es vor allem darum, die Durchschnittsdauer der verschiedenen Behandlungen festzulegen. Außerdem sollte darauf geachtet werden, an welchen Tagen und zu welcher Tageszeit besonders viele Akutfälle in die Praxis kommen. Für diese Dinge können einfache Strichlisten sehr hilfreich sein.

Nach dieser Ist-Analyse können Regeln für die Terminvergabe definiert werden. Dabei muss festgelegt werden, ob es einen festen Takt gibt und wie das Verhältnis von geplanten und ungeplanten Terminen aussehen soll. Für Praxen mit vielen Notfällen ist es sicherlich sinnvoll, gesonderte Akutsprechstunden einzurichten.

Da etwa ein Viertel der Patienten einer Hausarztpraxis von Diabetes mellitus, koronarer Herzkrankheit (KHK) oder einer chronischen Atemwegserkrankung (Asthma bzw. COPD) betroffen ist, kann die Praxis auch von einer Chronikersprechstunde profitieren. Besonders rationell wird immer dann gearbeitet, wenn mehrere gleichartige Abläufe direkt aufeinanderfolgen. Da bietet es sich förmlich an, die DMP-Untersuchungen mit der zugehörigen Dokumentation in einem festen Zeitblock zusammenzufassen. Da es am Montag und am Freitag meist etwas hektischer zugeht, sind Dienstag, Mittwoch und Donnerstag dafür besonders geeignet. Sinnvoll ist es außerdem, die DMP-Untersuchungen möglichst früh im Quartal anzusetzen. So bleibt der Praxis im Fall der Fälle mehr Zeit, Patienten an die fällige Untersuchung zu erinnern.

Service für Berufstätige

Generell sollten Sie bei der Auswahl der Sprechzeiten darauf achten, dass zumindest einer der Blöcke auch für Berufstätige zu realisieren ist. Eine Abendsprechstunde pro Woche kann nicht nur für Entzerrung an den übrigen Tagen sorgen, sondern wird von vielen Patienten auch als Service hochgeschätzt.

Natürlich sollte sich der Arzt an den festgelegten Zeiten orientieren und die Uhr im Blick behalten. Allerdings kann sich aus jeder Behandlung auch immer ein zusätzlicher Aufwand ergeben, für den es dann doch noch eine kleine Pufferzeit brauchen kann. Ist das der Fall, sollte ein internes Frühwarnsystem die MFA informieren.

Und auch die Patienten müssen sich an gewisse Regeln halten. Man sollte sie z. B. schon bei der Terminvergabe darauf hinweisen, frühzeitig abzusagen, wenn sie einen Termin nicht wahrnehmen können. Hilfreich ist evtl. auch ein solcher Hinweis auf Terminzetteln, die den Patienten mitgegeben werden. Um die Terminlänge auf den Behandlungsanlass abstimmen zu können, sollten Sie schon bei der Terminvergabe am Telefon den Beratungsanlass erfragen und die Dringlichkeit abschätzen. Für den Patienten ist vieles ein subjektiver Notfall, was objektiv nicht am selben Tag behandelt werden muss. Vor allem bei größeren Praxen mit mehreren Ärzten ist es wichtig, dass Funktionsräume, etwa der Sonografieraum, möglichst nur für diese eine Funktion genutzt und danach geräumt werden.


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Patienten immer informieren

Zum guten Umgang mit der Zeit der Patienten gehört offene Kommunikation. Die Floskel Nehmen Sie doch noch einen kleinen Moment im Wartezimmer Platz, sollten Sie nur benutzen, wenn es sich wirklich um einen kleinen Moment handelt. Ist der Zeitplan um zehn oder mehr Minuten im Verzug, sollten Sie dem Patienten die voraussichtliche Wartezeit mitteilen. Rechnen Sie im Zweifelsfall lieber ein paar Minuten hinzu, niemand beschwert sich, wenn es dann doch schneller geht. Bei unvorhergesehenen längeren Wartezeiten sollte man den Patienten anbieten, statt zu warten, zu einem späteren Zeitpunkt wiederzukommen oder einen neuen Termin zu vereinbaren. Die Patienten haben häufig noch Folgetermine und empfinden es als Service, trotz Notfall nicht alles umwerfen zu müssen. Wenn Sie im Rahmen des Qualitätsmanagements an Ihrem Terminmanagement arbeiten, müssen Sie offensiv darüber informieren, etwa mit Flyern.

Terminservicestellen

Die regionalen Terminservicestellen (TSS) vermitteln Patienten innerhalb einer bestimmten Frist einen Termin beim Arzt oder Psychotherapeuten. Die Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) bieten diesen Service seit Anfang 2016 an. Durch das Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) haben sich seit Mai 2019 zahlreiche Änderungen ergeben, die letzten traten am 1. September 2019 in Kraft (siehe Kasten). Die Terminservicestellen werden ausgebaut und sollen spätestens ab Januar 2020 bundesweit unter der Telefonnummer des ärztlichen Bereitschaftsdienstes 116117 erreichbar sein.

Wie die Terminmeldung im Detail erfolgt, erfahren Sie bei Ihrer Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Eine schnelle und unkomplizierte Möglichkeit, Termine online an die Terminservicestelle zu melden, ist der eTerminservice.

Neu seit September 2019

Zum 1. September 2019 wurden weitere Bausteine des Terminservice- und Versorgungsgesetzes (TSVG) wirksam. Das schlägt sich in etlichen neuen EBM-Positionen nieder:

  • Mit der GOP 03008 können Hausarztpraxen zusätzlich zur Versichertenpauschale 93 Punkte abrechnen, wenn sie wegen medizinischer Dringlichkeit einen Facharzttermin für einen Patienten vereinbart haben. Der Termin muss spätestens vier Kalendertage nach dem Datum des hausärztlichen Kontakts erfolgen. Der Zuschlag wird auch dann gezahlt, wenn der Patient den Termin versäumt. Die GOP kann nicht angesetzt werden, wenn an einen Facharzt - oder im MVZ an eine Arztgruppe - vermittelt wird, bei dem der Patient im selben Quartal schon war. Das ist beim Patienten in Erfahrung zu bringen.
  • Für die Terminvergabe nach Anforderung einer Terminservicestelle (TSS) können jetzt Zuschläge auf die Versichertenpauschale erhoben werden. Deren Höhe ist nach Fallkonstellation und Wartezeit im TSS-Terminfall gestaffelt. Für Hausärzte gilt die GOP 03010, die im PVS-System um die Buchstaben A, B, C oder D ergänzt wird.
  • Bedient ein Hausarzt einen TSS-Akutfall wie gefordert spätestens am Folgetag, erhöht das die altersspezifische Versichertenpauschale um 50 Prozent. Dazu ist auf dem Abrechnungsschein 03010A einzutragen. Das ist jedoch erst dann möglich, wenn das TSS-Ersteinschätzungsverfahren steht, was spätestens ab Anfang Januar 2020 der Fall sein soll. Gleichfalls 50 Prozent mehr signalisiert die B-Kennzeichnung der Zuschlags-GOP, wenn ein TSS-Terminfall spätestens acht Tage nach Anforderung stattfand. Bei bis zu 14 Tagen Wartezeit erhöht sich die Versichertenpauschale um 30 Prozent (C), bei bis zu 35 Tagen noch um 20 Prozent (D).